Ein Reisebericht: Freiwillige Rückkehr nach Ghana
veröffentlicht am 06.03.2023
Welche Chancen haben von Deutschland nach Ghana zurückgekehrte Personen, sich nachhaltig zu reintegrieren? – Eindrücke von einer Exkursion nach Ghana
„Das IntegPlan-Projekt führte im Rahmen des Programms „BMZ-Engagement zu freiwilliger Rückkehr und nachhaltiger Reintegration“ eine Exkursion für Rückkehrberater nach Ghana durch, an der ich, Norbert Suing, von der Ausreise- und Perspektivberatung im Fachdienst für Integration und Migration des Caritasverbands Aachen, teilnehmen durfte. Ziel der Exkursion war es, den teilnehmenden Rückkehrberatern aus staatlichen wie nichtstaatlichen Beratungsstellen die Umstände und Rahmenbedingungen der Reintegration von aus Deutschland zurückkehrenden Staatsbürgern in der Region zu vergegenwärtigen. Die Gruppe bestand aus 14 Personen.
Vor Ort in Ghana wurden wir von der Christlichen Gemeinschaft „Assemblies of God“ betreut. Während des Aufenthalts in Ghana hatten wir die Gelegenheit, mit Rückkehrern zu sprechen. Unter ihnen waren Personen, die freiwillig zurückgekehrt waren, aber auch aus Deutschland Abgeschobene.
Unter den freiwillig Zurückgekehrten war auch „Herr E.“, der zuvor in Aachen gelebt und somit bei unserer Ausreise- und Perspektivberatung beraten worden war. Er informierte sich umfassend über bestehende Reintegrationsprogramme und –hilfen und konnte so konkrete Pläne entwickeln, wie er zurück in Ghana seinen Lebensunterhalt für sich und seine Familie sicherstellen kann. Als in Deutschland ausgebildeter Elektroinstallateur konnte er einschlägige Berufserfahrungen sammeln, um in Ghana einen eigenen Betrieb zu gründen. Mit seiner Familie lebt er in Accra. Dort kann er aufgrund seiner fundierten Fachkenntnisse eine Klientel akquirieren und auch bedienen, die nicht nur einfachste, sondern besondere, anspruchsvollere Elektroinstallationen wünschen. Nach anfänglichen Startschwierigkeiten entwickelte sich nach etwas über ein Jahr sein Betrieb so gut, so dass er sogar einige Angestellte beschäftigen kann.
Vergleichbar gut ging es auch den anderen, freiwillig zurückgekehrten Personen, da sie sich umfassend auf ihre Rückkehr vorbereiten konnten, nicht zuletzt mit Hilfe einer Ausreise- und Perspektivberatungsstellen. Beispielsweise hatte sich ein Mann mit einem Tierzucht- und Mastbetrieb selbstständig gemacht. Ein anderer gründete ein Unternehmen, in dem er Schilder und Beschriftungen mittels CNC Fräse für Ladenlokale anfertigte. Ein Ehepaar wiederum stellte Naturkosmetik her und vertrieb es eigenständig.
Nicht so gut hingegen traf es diejenigen, die abgeschoben worden waren. Ein Rückkehrer berichtete in diesem Zusammenhang, dass er sich zwecks Verlängerung seiner Duldung an die für ihn zuständigen Ausländerbehörde wandte und dann bei der Vorsprache festgenommen und schließlich abgeschoben wurde. Ihm wurde nicht einmal Gelegenheit gegeben, seine persönlichen Sachen aus seiner Unterkunft zu holen. So kam er mit dem, was er gerade bei sich hatte und etwas Taschengeld in Ghana an.
Ihn, aber auch die anderen oben erwähnten Rückkehrer, trafen wir im Ghanaisch-Deutschen Zentrums für Jobs, Migration und Reintegration (GGC) in Accra. Dort erhalten Personen kostenlos Unterstützung auf dem Weg zu neuen Job-Perspektiven. Das gilt gleichermaßen für in Ghana Lebende als auch dorthin Zurückgekehrte. Interessenten können Sie sich zu den Themen Arbeits- und Ausbildungsmöglichkeiten in Ghana, Existenzgründung, Psychosoziale Unterstützung und Hilfe in Notlagen sowie Reguläre Migration nach Deutschland informieren und individuell beraten lassen. Außerdem werden dort Trainings zu Themen wie technische Berufe, Digitale Qualifikationen, Handwerk, Kaufmännische Berufe und Landwirtschaft vermitteln lassen. Rückkehrer aus Deutschland können die oben genannten Unterstützungen bereits in Deutschland vor Ihrer Rückkehr nach Ghana über das Projekt Startfinder, ein Programm im Auftrag des Bundesministeriums für internationale Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ), durchgeführt von der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH, die wiederum eng mit dem Ghanaisch-Deutschen Zentrum für Jobs, Migration und Reintegration (GGC) kooperieren.
Ein weiterer Höhepunkt unserer Reise war der Besuch beim Ghana Immigration Service, genauer bei der Einheit Migrations-Informationszentrum für Rückkehrer (Migration Information Centre for Returnees). Dessen Aufgabe es ist, nicht nur Rückkehrer in Empfang zu nehmen, sondern insbesondere zwangsweise rückgeführte und somit unvorbereitete nach Ghana zurückkehrte Personen an Anlaufstellen zu vermitteln, wo sie erste Hilfen bei der bevorstehenden Wiedereingliederung erhalten können. Eine wichtige Rolle hierbei spielt sicherlich das Ghanaisch-Deutsche Zentrum für Jobs, Migration und Reintegration. Doch es sind auch weitere Stellen von großer Bedeutung um beispielsweise im wieder in die Krankenversicherung aufgenommen zu werden, eine Wohnung und Arbeit zu finden u.v.m.
Auch erfolgte ein Besuch beim Zentrum für Entwicklungsinitiativen (Centre for Development Initiatives, CDI). Es hat es sich zur Aufgabe gemacht, Selbsthilfeinitiativen aufzubauen und zu unterstützen, mit denen Einzelpersonen, Gruppen und Gemeinschaften ihre unmittelbaren sozioökonomischen Bedürfnisse, Unterentwicklung und soziale Ausgrenzung bewältigen zu können. Eines der von ihnen durchgeführten Programme ist die die Betreuung und Unterstützung von Opfern nach unsicherer bzw. irregulärer Migration und Menschenhandel. Zudem leisten sie zu diesem Themenbereich auch Präventionsarbeit.
Abgerundet wurde die Exkursion in Ghana mit dem Besuch des Zentrums für Migrationsforschung der Universität von Accra, dessen Forschungsgegenstand sich nicht nur auf Ghana, sondern darüber hinaus auf Region Westafrika erstreckt.
Migration ist ein globales Phänomen. Menschen verlassen ihre Heimat nicht nur aufgrund von Kriegen, Verfolgung, Naturkatastrophen, wirtschaftlicher Not u.dgl., sondern auch um, teils nur vorübergehend, Arbeit aufzunehmen oder zu Studien- bzw. Ausbildungszwecken.
Mir wurde nach den verschiedenen Kontakten mit den oben genannten Institutionen in Ghana deutlich, wie wichtig eine gute Vorbereitung und eine enge Kooperation mit allen involvierten Stellen für eine geplante Rückkehr ist, damit eine Reintegration nachhaltig gelingen kann. Hervorzuheben sind in diesem Zusammenhang auch die Angebote des oben genannten Ghanaisch-Deutschen Zentrums für Jobs, Migration und Reintegration einschließlich der Programme der GIZ und des BMZ. Sie zeigen den Menschen Alternativen besonders zu einer sicherlich sonst erfolgenden irregulären Migration auf.“