Adventsgedanken

veröffentlicht am 14.12.2020

Liebe Freunde und Freundinnen, liebe Partner der Caritas,
in diesem Jahr übermittle ich Ihnen nur Eindrücke und Gedanken von einem neuen Mitarbeiter, der vor einigen Wochen in unserem Verband angefangen und alle Einrichtungen besucht hat. Alfred Etheber, verantwortlich für die neue Stabsstelle „Christliche Unternehmenskultur“ mit seinen Impressionen:

 

Von Stolperfallen, Barrieren, der Sehnsucht nach dem Weg und einer Rampe

„Wer uns als Caritas derzeit in der Hermannstraße besuchen möchte, kennt sie nur zu gut. Unsere Stolperfallen! Stolperfallen und Barrieren, Löcher, Sandhaufen, Steine, Schutt und dazu Bagger und Geräte, die täglich neu den Weg versperren.
Wir können momentan etwas von der Erfahrung machen, die für Menschen mit eingeschränkter Mobilität tagtäglich zu bewältigen ist. Wir kommen nur auf Umwegen zum Ziel. Es kostet teils große Mühe, manchmal braucht es die Hilfe der Bauarbeiter, die eine Brücke oder Bretter legen und doch kann man ins Rutschen geraten.

Der Advent ist der Weg hin zu Weihnachten, auf dem Gott als Mensch zu uns kommen will. Ohne Barriere, ohne Stolperfalle, ohne Mühe. Er kommt direkt und unmittelbar von Angesicht zu Angesicht – unerwartet als Kind und mit der Botschaft des Friedens: „Fürchtet Euch nicht“. Das ist Weihnachten.

Die Bibel kennt und beschreibt die Gefahren und Erfahrungen unsicherer Wege des Lebens nur zu gut. Ein Gott wird erwartet, der Sklaverei beendet, Schuld vergibt und Solidarität stiftet. Der Prophet Jesaja hat im 6. Jahrhundert vor Christus visionäre Worte der Selbstermächtigung formuliert. Diese zeigen, dass Menschen an Gottes Ankunft aktiv mitwirken können und sollen. Dieser Text ist die biblische Lesung am zweiten Advent:

 „Bahnt für den Herrn einen Weg durch die Wüste! Baut in der Steppe eine ebene Straße für unseren Gott! Jedes Tal soll sich erheben, und was hügelig ist, werde eben. Dann offenbart sich die Herrlichkeit des Herrn, alle Sterblichen werden sie sehen.“

 

Als Caritas haben wir viel mit Barrieren im alltäglichen Leben der uns anvertrauten Menschen und in unserer Gesellschaft zu tun. Berge von Hindernissen tun sich oft auf, wenn Menschen beispielsweise mit Sucht, Demenz, Einsamkeit oder Armut konfrontiert sind. Wir erleben Menschen, die vor unüberbrückbaren Abgründen ihres Lebens stehen oder den Ausschluss von Teilhabe am Leben erfahren. Hindernisse von bürokratischen Vorgaben lasten oft auf unseren Kollegen/innen, sie kosten genau die Zeit und Flexibilität, die beim Helfen gefragt und gewollt ist. Aber die Caritas hat sich genau hier den Ort des Handelns gesucht. Stehen vor den Barrieren, im Alltag von Notlagen und im Dickicht von Regeln und auch ökonomischen Zwängen. Caritas tut das im Auftrag einer Hoffnung, dass Veränderung von Lebenslagen möglich sind und dass sich neue Anfänge und Wege lohnen – sozusagen barrierefrei.

Kollegen/innen im Café Plattform haben im September spontan eine Rampe geplant, gebaut und zum Einsatz gebracht. Für sie war es eine Selbstverständlichkeit, dass die bestehende Stolperfalle – eine echte Barriere – begradigt werden musste. Was war der Anlass? Ein Student der Sozialen Arbeit der KatHO wollte sein Praktikum absolvieren. Nun muss man wissen, der Bewerber für das Praktikum sitzt im Rollstuhl und kennt ein Leben mit Barrieren. Da kann man mit den üblichen Floskeln abwimmeln und sagen, dass es leider nicht geht, dass es momentan sehr ungünstig ist und da auch eine blöde Stufe ist – Corona sowieso und dass es doch anderswo vielleicht viel besser für ihn ist. Das kam für unsere Kollegen nicht in Frage und hier setzt der Bau der Rampe ein. Lohnt es sich, so was im Advent zu erzählen? Ja, denn hier verwirklicht sich im Tun, in einer vielleicht unbewussten Selbstverständlichkeit, die Grundhaltung der Caritas, fast so, wie sie im Bibeltext wörtlich anklingt. Die Barriere, die Stolperfalle muss weg! Menschen sollen sich real begegnen können, Teilhabe am Leben muss gleichberechtigt stattfinden. Es kommt bei der Caritas darauf an, sich nicht mit den behindernden Gegebenheiten abzufinden. Solche Geschichten, die die Kollegen/innen täglich gestalten, machen froh. Sie sollten erzählt werden! Schlussendlich hätten im realen Beispiel Vorschriften des Arbeitsschutzes unsere Rampe wegen damit verbundener Gefahren beinahe stillgelegt. Aber das war nicht das Ende. Der Wille der Kollegen/innen zur Überwindung der Situation war stärker. Das Praktikum fand gänzlich und ohne Einschränkung und mit großer Lebensfreude aller Beteiligten bei uns statt.“

 

Ich wünsche Ihnen mit diesen Zeilen, mit diesen manchmal verblüffenden Querverbindungen, die sich auftun, einen gesegneten Advent und ein friedvolles Weihnachtsfest, das insbesondere in diesem Jahr die Chance birgt, sich auf Wesentliches zu konzentrieren.

 Ihr Bernhard Verholen
Vorstand

Bernhard Verholen

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E-Mail: b.verholen@caritas-aachen.de

Alfred Etheber

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Alfred Etheber

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