Suchtselbsthilfeverband Kreuzbund feiert 50-jähriges Bestehen im Bistum Aachen

veröffentlicht am 11.11.2019

Sucht ist allgegenwärtig in unserer Gesellschaft. Alleine beim Thema Alkohol gelten deutschlandweit schätzungsweise 1,77 Millionen Menschen als abhängig. Weitere 1,2 bis 1,5 Millionen Menschen sind medikamentenabhängig. Die Dunkelziffern sind vermutlich um einiges höher. Für Betroffene, die den Weg raus aus der Sucht schaffen wollen, kann – neben Entgiftung, Beratung und Therapie – auch der Besuch einer Selbsthilfegruppe, wie z.B. des Kreuzbundes, hilfreich sein.

Der Kreuzbund e. V. ist als Fachverband des Caritasverbandes eine deutschlandweite Selbsthilfe- und Helfergemeinschaft für Suchtkranke und Angehörige. Im Bistum Aachen wurde er bereits 1969 mit drei Gruppen gegründet. 2019 feiert er nun sein 50-jähriges Bestehen mit 34 Gruppen verteilt auf die Stadt und StädteRegion Aachen, Heinsberg, Düren, Mönchengladbach, Kempen-Viersen, Krefeld und Teilen der Eifel. Jede Woche treffen sich hier 410 Mitglieder plus zusätzlich ca. 200 Besucher.

Kreuzbund im Wandel der Zeit
Selbsthilfe bedeutet, dass sich Gleichgesinnte finden, die sich gegenseitig unterstützen, um sich im Alltag zurechtzufinden und Probleme aktiv zu lösen. „Wurde vor 50 Jahren noch der völlige Suchtmittelverzicht vorausgesetzt, orientieren wir uns heute mehr und mehr an dem individuellen Bedarf unserer Teilnehmer. Zufriedene Abstinenz ist weiterhin ein wünschenswertes Ziel, doch akzeptieren wir, dass Rückfälle manchmal dazugehören oder ‚nur‘ eine Reduktion des Suchtmittels angestrebt wird“, erklärt Karen Sprenger, Vorsitzende des Diözesanverbandes die Haltung des Kreuzbundes. Die meisten der Besucher sind alkohol- oder medikamentenabhängig. „Willkommen sind jedoch alle Menschen, die suchtgefährdet oder abhängig sind von legalen oder illegalen Substanzen oder von Verhaltenssüchten wie Glücksspiel- oder Onlinesucht“, führt Karen Sprenger weiter aus. Auch Familienmitglieder, die sich von der Sucht seines Partners oder eines Familienmitglieds belastet fühlen, können die Gruppen und Seminare besuchen. Damit zeigt sich der Kreuzbund modern und erreicht so auch Menschen im jüngeren und mittleren Alter.

Großes Fest in Herzogenrath
Das 50-jährige Bestehen im Diözesanverband Aachen wurde kürzlich mit rund 230 Gästen gefeiert. Den Anfang machte ein Gottesdienst mit Weihbischof Dr. Johannes Bündgens in der Kirche St. Gertrud/ Herzogenrath. Es folgten Grußworte im Nell-Breuning-Haus vom Diözesancaritasdirektor Burkard Schröders, der Bundesvorsitzenden des Kreuzbundes, Andrea Stollfuß sowie der Diözesanvorsitzenden des Kreuzbundes, Karen Sprenger. Burkhard Schröders machte deutlich, dass der Kreuzbund zum Caritasverband im Bistum Aachen dazu gehört und ein Bestandteil der Caritasfamilie ist. „Die Selbsthilfe ist ein wichtiger Baustein, der die Suchthilfe bereichert. Nicht jeder Betroffene ist über Beratungsstellen erreichbar. Oft macht der Einstieg über eine Selbsthilfegruppe, in der Solidarität gespürt wird, erst professionelle Hilfe möglich.“ Andrea Stollfuß zeigte sich dankbar für das, was der Kreuzbund in der Diözese Aachen in den vergangenen Jahren erreicht hat, ohne jedoch die Herausforderungen der Gegenwart und Zukunft aus dem Blick zu verlieren. „Neue Suchtformen und Konsummuster in der Gesellschaft bringen mit sich, dass wir unsere Angebote stets prüfen und neujustieren müssen, um Betroffene auch zu erreichen.“ Ihr Fazit: „Selbsthilfe wirkt und ist ansteckend gesund.“

Neben den offiziellen Reden kamen auch der Spaß und die Unterhaltung nicht zu kurz. Dafür sorgten ein Improtheater, das unter der Leitung von Dirk Windbergs von Mitgliedern des Kreuzbundes gestaltet wurde, eine Lesung, ein Gospelchor, alkoholfreie Cocktails, leckere Speisen und Mitmach-Aktionen. Höhepunkt des Nachmittags war der Gastredner Prof. Dr. Bollinger, der die Teilnehmer mit seinem wissenschaftlichen Diskurs über Ehrenamt, Kommunikation und Digitalisierung („Quo vadis Suchthilfe 4.0“) auf die Schippe nahm. Erst nach und nach wurde den Zuhörern klar, dass hier ein Kabarettist des Scharlatan Theaters in Hamburg auf dem Podium stand.

Abschließend bemerkt Karen Sprenger: „Die Resonanz auf das Fest hat uns sehr berührt. Immer noch wird Sucht tabuisiert, als beängstigend und sehr ernst wahrgenommen. In unseren Gruppen zeigen wir, dass Suchtkranke Menschen wie du und ich sind, die Spaß am Leben haben und über sich selber hinauswachsen können.“

Weitere Informationen:
Ortsnahe Gruppen können über die Webseite https://kreuzbund-aachen.de/ oder per E-Mail-Anfrage an info@kreuzbund-aachen.de gefunden werden.